Die Dialektik ist tot, lang lebe die Dialektik
Die Dialektik ist tot, lang lebe die Dialektik

Der Konflikt in der Ukraine markiert den Tod des Antimilitarismus.
Die letzten sich wie Ungeziefer in die heuchlerischsten ideologischen Hinterhöfe verkriechenden linken Kräfte in Deutschland scheinen, um bloß zu provozieren, auch den letzten Funken Antiimperialismus zugunsten des Antiamerikanismus, bzw. der Russophobie, zu verlieren und gänzlich der bürgerlichen Hetzte zu verkommen.
In nahezu sämtlichen Publikationen der linken Hemisphäre werden Positionen vertreten, die sich einzig durch ihren Widerspruch den bürgerlichen Medien
unterscheiden, insbesondere die Russland-Affinen fallen auf – Hauptsache nicht der Westen, der hat’s ja verdient – ist das Antiimperialismus?
»Alternativ-Imperialisten«
Tomasz Konicz tauft solche opportunistischen Kräfte innerhalb der deutschen Linken als »Alternativ-Imperialisten« – gewinnen sollen die objektiv “besseren“, entweder um der progressiven bürgerlichen Demokratie des Westens weiteren Lebensraum zu ermöglichen, oder die ewige Imperialmacht des Westens endlich in
die Knie zu ziehen – keines der beiden Resultate ist eins der Emanzipation.
Sowohl Russland als auch die Nato, vertreten die Interessen des Großkapitals und unabhängig davon, wer aus diesem Konflikt siegreich hervorgeht, verlieren tut der Mensch – gewinnen das Großkapital, ob im Osten oder im Westen.
Denn wir und sie, wir sind Feinde in einem Krieg, den nur einer gewinnt.
Für Russland ist es notwendig, diesen völkerrechtswidrigen Krieg zu führen: Angesichts der Konfrontation mit dem Zerfall seines imperialen Einflussbereiches
nach und seit dem Fall der UdSSR, sowie der Angst vor weiteren US-gelenkten und affinen »Revolutionen« wie der auf dem Maidan 2014, die Russlands Position als
Hegemonialmacht hätten gefährden können, sah Russland sich zu dem einzig schlüssigen gezwungen, um auch seine innere soziale Zerrüttung und enorme
Disparität zwischen Arm und Reich, Stand und Land zu überschatten und das nationale Bewusstsein wieder ein wenig anzufeuern – Krieg!
Die Nato weigert sich seit Jahrzehnten dogmatisch gegen Neutralitätsgarantien für die Ukraine, das heutige Kernelement des Postsowjetischen Raumes, wo Großteile des Restes (bzw. der Warschauer Pakt Staaten) schon mehr oder weniger annektiert sind (Estland, Lettland, Litauen; bzw. alle Staaten des Warschauer Paktes mit Ausnahme von Russland).
Als 2014 die Janukowitsch-Regierung (mit Unterstützung der Amerikaner ) gestürzt wurde fletschte die EU schon die Zähne – keine geopolitische Alternative oder
Konkurrenz zur Eurozone, schon gar nicht die von Putin propagierte »eurasische Union« – für Washington wäre es irrsinnig das ganze nicht zu unterstützen, »einen
Keil zwischen Berlin und Moskau (…) treiben um das erodierende transatlantische Bündnis zu stärken« und, die für die BRD sehr wohl sinnvolle Annäherung zu
Russland kurz- und mittelfristig zu verhindern um die wirtschaftliche beidseitige Abhängigkeit der BRD und den Vereinigten Staaten weiterhin zu sichern.
Außerdem ist die Nato nun um zwei (ein halb) Länder reicher; Länder, die zuvor einen gewissen Unabhängigkeitsgrad trugen und diplomatisch von großem Wert
waren – Skandinavien ist unser, das Schicksal der Ukraine bleibt noch ungewiss, klar ist aber: Die neue Ära des Krisenimperialismus ist angebrochen, ohne Wege
zurück.
Das Kapital an seinen Grenzen
Der Anbruch dieser neuen Epoche manifestiert sich jedoch nicht nur in der äußeren Expansion der Hegemonialmächte innerhalb der bipolaren Welt-Politik, konkret durch den derzeitigen Krieg in der Ukraine (jedoch auch den womöglich anstehenden Taiwan-Konflikt); denn das Kapital selbst stößt an die grenzen seiner
Fähigkeiten, bzw. die grenzen dessen, dass es auszubeuten gilt.
Die Äußere Schranke des Kapitals, welches durch Hyper- und Überproduktion sowie Notwendigkeit der Verwertung und Ausbeutung jedes einzelnen letzten
Fleckes Natur, um die Konkurrenzfähigkeit zu sichern, vielen Teilen der Welt die ökologische Lebensgrundlage entzieht, finden wir am direktesten in der Lebensmittelkrise wieder:
Sowie zuvor die fossilen Energieträger wird jetzt und in Zukunft der Besitz und die Kontrolle von und über Nahrungsmitteln sowie insbesondere Wasser eine immer größere Rolle spielen.
»Zwei Milliarden Inder und Chinesen werden bald viel zu wenig Wasser haben. Und beide bedrohen schon seit Langem einander und besitzen Atomwaffen. (…) Hunger ist Mord, verursacht hauptsächlich von den reichen Industriestaaten wegen des Klimawandels« : Der Kampf um Territorium und Ressourcen ist nicht einer, den dieses System schlichten kann, es gibt keine Zeit mehr vor dem Krieg, denn die Grenzen des Kapitals sind erreicht.
Während die Kapitalherrscher um die schwindenden Ressourcen und Territorien kämpfen, und die Weltbevölkerung, also die Abnehmer genanntem Konsums, stetig wächst, ist es nur eine Frage der Zeit bis die ersten Kriege um Wasser, Nahrung und Gas (bei letzterem könnte man behaupten, wir befänden uns schon in einem) auch uns in der BRD erreichen.
Die Antwort der deutschen Bourgeoise auf die Lebensmittel-, Gas- bzw. Ressourcenknappheit hierzulande, verschärft durch den Krieg, ist nicht die Transformation zu einem nachhaltigen System, sondern ein Appell an das Kleinbürgertum, es solle weniger häufig duschen und eben diesen Winter etwas frieren (Mehr dazu in meinem Text »Bibbern für den Frieden«), vom Kriegskurs darf nicht abgewichen werden, das ist der Antimilitarismus der Bourgeoise.
Die Grünen veröffentlichen als Umwelt-Partei des kleinen Mannes ein »EnergiesparBingo« um den deutschen durch die Sanktionen zu helfen die sie selbst angeheftet hatten, aus moralischer Verpflichtung natürlich – klar (nicht das jegliche andere Ecke der im Parlament vertretenen Parteien besser wären, die grünen machen einem Polemik nur einfach angenehm leicht.)
Das heisst; der Krieg ist nicht nur Folge des Großkapitals und dessen Widersprüchen, beschleunigt und verschärft jedoch auch die Folgen.
Ein Armutszeugnis
Von den Liberalen, Konservativen und rechtsradikalen Kräften in der BRD erwarten wir es nicht anders, aber dass der Großteil der Linken-Kräfte hierzulande nicht in der Lage ist, nach grundlegender, simpelster und offensichtlichster marxscher Analyse der Situation zu handeln und auf diesen materiellen Schlussfolgerungen für eine Systemtransformation zu appellieren ist ein Armutszeugnis für die ohnehin bedeutungslose Linke in Deutschland.
Ernsthaft an den russischen Kriegsgrund der »Entnazifizierung« mit gleichzeitiger Roter-Armee-Rhetorik zu glauben, ist so naiv wie dem Westen zu glauben, sie
involvieren sich aus dem Grund der Pflicht, die »Demokratie« zu verteidigen – das russische-Kampfsymbol »Z«, sowie Putin-Hitler-Vergleiche und Blau-Gelbe
Profilbilder in sozialen Netzwerken sind kein Antimilitarismus.
Sich auf die Seite der einen Imperialmacht zu stellen, weil diese nicht so schlimm sei wie die andere, ist kein Antimilitarismus.
Es gibt gerechte Kriege und es gibt ungerechte Kriege, so ist der Krieg der Palästinenser gegen die israelische Besatzung ein gerechter Krieg, so war der Krieg
der Vietcong gegen die amerikanische Aggression ein gerechter Krieg; aber ein jeder Krieg zwischen zwei großkapitalistischen Mächten und deren Vertretern kann
kein gerechter sein; denn gerecht ist nur jener Krieg, dessen Führung und Ausgang die richtigen und rechtmäßigen Zustände in der jeweiligen Region und dem
jeweiligen System erstrebt und/oder aufrechterhält – ein kapitalistischer Krieg kann diese Voraussetzungen niemals erfüllen.
Es gilt und wird gelten, kein Sterben für das Großkapital, das ist die einzige Meinung die als Anti-, Militarist, Imperialist und Kapitalist gelten kann und darf.