Postkolonial Kolonial

Postkolonial Kolonial

Politik wird im Norden gemacht; der Europäer weiß besser, was für Afrika gut ist.
Über die koloniale Bewertung des chinesischen Einfluss in Afrika und die heuchlerische Bewertung afrikanischer Politik.

Militärparade in Burkina Faso, hinten; Ibrahim Traoré.

Der „linke“ Diskurs um den Einfluss der BRICS-Staaten in Afrika, insbesondere Chinas, unterscheidet sich nicht-selten nur nichtig von dem bürgerlichen.
Der Status-quo lautet, die AfrikanerInnen wurden 400 Jahre versklavt, 50 Jahre kolonisiert und schaffen es nun trotzdem nicht die richtigen Bündnispartner zu wählen.

Der Linksradikalismus, welcher China als imperialistischen Staat ansieht, meint, dass chinesische Engagement in Afrika sei, nur eine neue Form der neo-kolonialen, paternalistischen Ausbeutung.
Linksliberale und bürgerliche übertragen ihre antikommunistischen Fantasien auf chinesisches Engagement in Afrika und kommen allein deshalb zu der Schlussfolgerung; die machen da nichts Gutes.

Insbesondere die Linksliberale und bürgerliche Position ist von der kolonialen Vorstellung geprägt, man wisse besser als die afrikanischen Staaten, was gut für sie ist.
Die AfrikanerIn befindet sich noch immer in der Rolle des mystifizierten Schwarzen, welche den weißen Herren braucht, der ihr den Weg zum Guten leitet.
Die eurozentrische Vorstellung, wirkliche Politik würde nur im globalen Norden gemacht werden, führt zur Diffamation jeglicher politischer Entscheidung afrikanischer Staaten, sich von dem westlichen Einfluss zu lösen.
Fakt ist, das der westliche Imperialismus den afrikanischen Kontinent wie keinen anderen ausgesaugt hat – wie nirgendwo sonst putschiert und gemordet hat; die immer häufigere Entscheidung afrikanischer Staaten, sich aktiv von diesem System abzuwenden, scheint trotzdem für die bürgerliche Presse als Schock.
Beijing treibe diese Länder in die Schuldenfalle, liest man immer wieder seitens westlicher Medien, als wären ihre Staaten nicht diejenigen, die den Kontinent in seine Verfassung gebracht haben.
Als wären es nicht die amerikanischen und französischen Kredite, die Staaten wie Burkina Faso dorthin gebracht haben, wo sie sind.
Die eigene Verantwortung für die Verelendung vieler Teile Afrikas wird nach außen projiziert und zu antikommunistischer Polemik verarbeitet; welche im Sinne Afrikas schon beinahe der Status-quo ist.

Klar ist, dass die AfrikanerInnen selbst diese Auffassungen nicht teilen.
In einer Studie im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung, lobte ein Großteil von 1600 befragten afrikanischen EntscheiderInnen:
China treffe schnelle Entscheidungen, setze Projekte rasch um und mische sich nicht (wie der Westen) in innenpolitische Angelegenheiten ein.
Knapp 80% der jungen AfrikanerInnen (4500 Befragte in 15 Ländern) sehen Chinas Einfluss in Afrika positiv und bevorzugen ihn über die westlichen Staaten – aber was wissen die AfrikanerInnen schon!

Die Militärregierungen in der Sahelzone, darunter insbesondere die Burkina Fasos, haben die Französischen und deutschen Truppen dem Land verwiesen und richten sich an Russland und China, für infrastrukturelle Unterstützung und militärische Hilfe gegen den Terror.
Ibrahim Traoré ist ein Antiimperialist, der sich mit seiner Politik klar auf Thomas Sankara bezieht und in diesem Sinne Partner sucht, welche die Souveränität des Staates respektieren.
Plötzlich ist dies jedoch kein afrikanischer antiimperialistischer Widerstand mehr, der auf Unterstützung von denen hofft, die eben zuvor keine Kolonialherren waren, sondern eine “Wagner-Revolution“ und “Ausweitung des russischen Einflussgebiets in Afrika“.
Die AfrikanerInnen sind also für den Westen gar nicht in der Lage, ihre eigene Souveränität zu erkämpfen, dafür sind sie zu unterentwickelt – das ganze kann nur ein russischer Plot sein.
Schon nun, zwei Jahre nach Traorés Amtserhebung gab es mehrere Versuche gegen sein Leben – der letzte Attentatsversuch, am 15. Januar diesen Jahres kam seitens Paul-Henri Sandaogo Damiba, der nach dem vorherig gescheiterten Versuch (2022) Zuflucht auf einem französischen Stützpunkt finden konnte – wird Traoré der nächste Sankara? 

Die Mystifizierung des postkolonialen Afrikas ist Produkt westlicher Invasion, Ausbeutung und Putsch – Lumumba, Abiola, Sankara – jeder Widerstand wird und wurde von den westlichen Kapitalisten niedergeschlagen, welche bis heute ihr Lithium, ihre Diamanten, ihr Kobalt, ihr Platin und ihr Uran dem Kontinenten entziehen, während sie mit zwielichtiger Wohltätigkeit den Ausgebeuteten Pfennige hinterherschmeißen und sich dann beschweren, wenn AfrikanerInnen nach Deutschland kommen.


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