Ist das jetzt Faschismus?

Ist das jetzt Faschismus?

Über die Inhaltslosigkeit des “Brandmauer”-Idealismus zwischen bürgerlicher und faschistischer Politik.

Reminder: Die rot-markierten Wörter sind Links, die zu entsprechenden Kritikpunkt-Artikeln führen.

Bevor du diesen Artikel ließt, empfehlen wir „Über den Rechtsextremismus“ und „Die Qual der Wahl“ zu lesen.


Die bürgerliche Vernunft dreht durch – die faschistische AfD konnte in Sachsen 34% und in Thüringen, dem Höcke-Hotspot der Partei, die Wahl mit 30,6% gewinnen.
Ein schwarzer Tag für die Demokratie“ heißt es wiederholt von Seiten der demokratischen Einheitsfront.
Da muss man sich fragen, warum denn genau?

Die AfD schwebt wie ein großes, unvermeidliches Übel über dem liberalen Sachverstand, welcher ihre eigenen imperialistischen Bestreben von denen der AfD abgrenzen will.
Wir – die demokratischen Parteien – und die, die AfD.
Wo genau der Inhalt dieser Grenze ist, bleibt unklar.
Es ist kein Geheimnis, dass im Hinblick auf den „Kampf gegen die AfD“ sämtliche etablierte Parteien (minus Linkspartei) Talking-points der AfD übernehmen, um dieser Gehör zu rauben.

Dass die selbstkritische-Taktik des „Wir hätten mehr auf die Sorgen der Menschen eingehen sollen“, mit welcher die bekannten Parteien ihrer eignen Ausländerhasserei Gehör schaffen wollen, nicht mehr ist als eine Zustimmung gegenüber den Bestreben der AfD zu Zwecken des eignen Machterhalts, ist klar.
Die Grenze zwischen „demokratisch“ und „faschistisch“, welche im bürgerlichen Bewusstsein scheinbar ganz offensichtlich ist, kann spätestens seit dem „Kampf gegen die AfD“ nicht mehr benannt werden.

Was unterscheidet denn die AfD ganz tatsächlich vom Inhalt der restlichen Parteien, welche die BRD seit 1949 regieren?
Es waren doch die Ampel-Parteien, die geflüchteten Menschen ihr letztes bisschen Selbstbestimmung in Form der „Bezahlkarte“ geraubt haben.
Es sind die „demokratischen“ Parteien, welche nun beschlossen haben, auch wieder in das faschistische Taliban-Afghanistan abzuschieben – ein sicheres Todesurteil für viele, dessen Lebensweisen in Afghanistan kriminalisiert sind.
Die Grünen Spitze spricht sich seit Monaten für „Tempo bei Abschiebungen“ aus, die SPD ist mit Faeser für die schärfsten politischen Verfolgungsmaßnahmen seit den sechziger Jahren verantwortlich und von der FDP und CDU brauchen wir gar nicht erst sprechen.

Es scheint, als sei dieses Ding „Faschismus“ im liberalen Sachverstand nicht mehr als „dass, was wir nicht sind“.
Der einzig tatsächliche Unterschied zwischen der Migrationspolitik, welche von Seiten der bürgerlichen Berichterstattung bei der AfD als Hauptmerkmal der faschistischen Tendenz charakterisiert wird, ist die Rhetorik.
Nun kann man behaupten, dass die Verschärfung des Migrationsdiskurs seitens der etablierten Parteien eine Schlussfolgerung des Erfolg der AfD ist, aber was ist denn das für ein Argument?
Die Taktik des „Gehör Raubens“ ist nicht mehr als ein Verrat an jedem politischen Ideal, zum Zweck der Machtsicherung.
Die Übernahme von Talking Points der AfD, um Wähler:innen der AfD für sich zu gewinnen, führt doch zwingend zu einer Faschistisierung der gesamten Politiklandschaft.
Diese rein ideologische Grenze zwischen Faschismus und gesundem bürgerlichen Nationalismus ist als solche auch ein Abwehrmechanismus um sich selbst der Folgen der gesellschaftlichen Widersprüche zu entziehen, ohne weiter darüber nachdenken zu müssen, ob diese nicht systemische Ursache tragen.

Diese Inhaltsleere des Faschismus, und was das eigentlich ist, erlaubt es den restlichen Parteien, sich sorgenlos an Chauvinismus, Migrantenhass und Militarismus zu bedienen, während gleichzeitig hinter diesem Schandbegriff „Brandmauer“ behaupten zu können.

Die CDU verbleibt als einzige größere demokratische Partei in Sachsen und Thüringen. Sie muss jetzt ihrer Verantwortung für alle Antifaschist*innen nachkommen“ liest es sich in der TAZ am Tag nach der Sachsen-Wahl.
Taktisch CDU wählen, weil diese als „einzige größere demokratische Partei“ in Sachsen verbleibt, und als solche die Verantwortung des Antifaschismus trägt.
Das ist so armselig, das grenzt an Geschichtsrevisionismus.
Die CDU, die Leistungen „auch für geduldete Asylbewerber“ kürzen will, die mit dem „Merz-Plan“ das „gigantische Problem der illegalen Massenzuwanderung“ durch u.a. eine „nationale Notlage“ lösen möchte und mit dieser in Notstandsmanier „entsprechend an den Grenzen im großen Stil Migranten zurückweisen“ will, die CDU, die nach der Silvesternacht-Krawallen 2023 konkret nach den „Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit“ gefragt hat und das Sprechen jeder Sprache, die nicht Deutsch ist, an Schulen verboten will.
Als „Linke:r“ (was auch immer das für die Linksliberalisten bedeutet), eine Partei zu wählen, welche sich wie keine andere Partei den Kampf gegen progressive Kräfte, d.h. dem Antikommunismus, zu Eigen gemacht hat ist der Höhepunkt des falschen Bewusstseins, welcher sich unter diesen „Linken“ als doppelt falschen Bewusstsein ausdrückt.

Diese CDU ist aber nicht faschistoid, wie denn auch, wenn sie nicht die AfD ist.
Das gleiche lässt sich auch für die SPD, FDP und selbstverständlich auch für die Grünen sagen – wobei sich insbesondere letztere Bemühen, ihren innenpolitischen einen woken-Flare zu verpassen, hier sind es dann nicht die „Massenzuwanderer“, welche abgeschoben gehören, sondern „mehr Klarheit auch in Fragen, die für uns nicht die leichtesten sind“, auch wenn dann eben ins Taliban-Afghanistan abgeschoben wird.  

Das Brandmauer-Märchen ist ein Parade Ausdruck von idealistischer, d.h. nicht-materialistischer, politischer Analyse und Handlung, welche auf dem Grundsätzlichen Missverständnis der Politik frei agierendes Ding basiert.
„Der Faschismus“ ist ein Ding, was für die Parteien reserviert ist, die in ihrer Politik „rechts der CDU“ stehen, wo die CDU als Maßstab steht ist irrelevant – Status-Quo und trotzdem da, christlich-demokratische Antifa.

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Dylan Hendrix

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redenginepress

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downburg

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redenginepresss

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