Schulden über Schulden

Schulden über Schulden

Der entwickelte Kapitalismus beruht auf Schulden.
Nicht nur der Staat braucht Schulden, um zu funktionieren, jeder Konzern wirtschaftet mit Gewinnen, die er nie erwirtschaftet hat – anders geht es nicht, weil die Realität nicht ausreicht, um die Profitmaximierung zu sichern.
Über die Heuchelei der Schuldenbremse (und warum sie unmöglich ist), die Widersprüche des Finanzkapitalismus und die unfassbare Absurdität der Schuldenwirtschaft.

Eindrucksvoll nichts-sagend, die Schuldenuhr des „Bund der Steuerzahler“-Lobbyverbands.

Reminder: Die rot-markierten Wörter sind Links, die zu entsprechenden Kritikpunkt-Artikeln führen.
Wir empfehlen darüber die folgenden Artikel, die sich jeweils mit Mechanismen des Kapitalismus auseinandersetzen:
„Die neue Planwirtschaft“: Wie KI und der Fortschritt in der Informationstechnologie die Argumente gegen eine Planwirtschaft aus dem Weg räumen.
„Dimitroffs feuchter Albtraum„: Warum die amerikanische Kapitalklasse sich so offen dem Faschismus zuwendet.
„Die Lehre vom neutralen Staat“: Warum die soziale Ungerechtigkeit niemals durch eine “bessere” Politik in diesem Staat gelöst werden kann.
„Der Gott des Bürgertums“: Warum die Krise im Kapitalismus ständig und unlösbar ist.


Noch vor wenigen Monaten wollten die Erzliberalen des Bundestages den Arbeitenden Deutschlands erzählen: Wir haben kein Geld mehr, die Zeit der Schulden ist vorbei.
Ich will ihnen mal sagen, warum ich bei der Schuldenbremse so klar bin: Die schützt das Geld und die Steuerzahlungen der jungen Generation. Und jetzt sitzen hier einige aus der jüngeren Generation. Sollen wir deren Geld heute schon ausgeben, weil wir mit dem, was wir haben, nicht auskommen? Wir nehmen 1000 Milliarden Steuern ein pro Jahr, und damit sollen wir nicht auskommen?“ (Merz bei Maischberger, 2024)
Sobald dann aber eine Wahl gewonnen wurde und sich die bürgerlichen Schuldengegner von der Wirklichkeit konfrontiert sehen, heißt es schnell „Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent, muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: Whatever it takes.“ (Merz), und die nächsten Milliardenschulden für Aufrüstung werden beschlossen.
Obwohl Schulden doch nichts neues sind; ohne Schulden zerbricht der Kapitalismus an seinen eigenen Widersprüchen, schneller als man vielleicht denken würde.

Schuldenrepublik

Bevor die Bundesrepublik überhaupt existierte, wurde unmittelbar nach dem Krieg in Deutschland im Rahmen des Marshallplans das noch heute bestehende „ERP-Sondervermögen“ (European Recovery Programm, 14.4 Mrd. Euro) geschaffen.
Zur Förderung der Wirtschaft entstand zudem die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die sich bis 2018 mit einer Bilanzsumme von 486 Mrd. Euro zur drittgrößten Bank Deutschlands entwickeln durfte – 25,6 Milliarden davon sind ihr Eigenkapital.
In den 1990er Jahren folgten die Sondervermögen „Deutsche Einheit“ (82.2 Mrd. Euro) und die „Erblastentilgungsfonds“ (177.7 Mrd. Euro), 2008 der „Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung“ (400 Mrd. Euro) und 2009 der „Investitions- und Tilgungsfonds“ (14 Mrd. Euro), der unter anderem die Abwrackprämie finanzierte.

Während einerseits Schuldenbremsen beschlossen wurden, nutzten Bund und Länder gleichzeitig Sondervermögen, oder „Schattenhaushalte“, um trotz Schuldenbremsen hunderte Milliarden an Schulden aufzuschreiben  – und verstießen damit gegen die idealistischen Maastricht-Kriterien der EU, nach denen die Staatsverschuldung stehts unter 60% des BIPs bleiben muss (mehr dazu unten)
Zusätzlich zu den Nationalbanken, vergibt die Europäische Zentralbank seit der Finanzkrise 2008 massenhaft Kredite, um die großen Europäischen Banken vor ihren eigenen Widersprüchen zu schützen.

Während COVID folgten zusätzlich 275 Mrd. Euro (2020), 162 Mrd. Euro (2021), 47.1 Mrd. Euro (2022) und ca. 260 Mrd. Euro (2023) an Schulden.
Der Wirtschaftsstabilisierungsfond allein hatte ein Volumen von 600 Mrd. Euro, das zwar nicht vollkommen ausgeschöpft wurde, aber im Debakel des Schattenhaushalts der Ampel 2024 wenigstens noch zum Ende der Ampel-Regierung führen konnte – you win some you lose some.

Der Krieg in der Ukraine hat sich ebenfalls als teurer als erhofft bewiesen; so wurden schon 2022 die berüchtigten 100 Mrd. Euro für die „Modernisierung der Bundeswehr“ kreditgebunden ermächtigt, eine Ausgabe die selbst von bürgerlichen Militaristen als schwachsinnig bezeichnet wird, da die Bundeswehr mit ihrer derzeitigen Finanzierung die reichste Armee Europas ist (75.25 Mrd. Euro Verteidigungsetat, zum Vergleich: Großbritannien, Platz zwei der reichsten Europäischen Armeen, verfügt über 60 Milliarden Euro jährlich).

Aber immerhin: Mit der Aufnahme der größten Kredite seit der Widervereinigung, konnte die BRD endlich wieder 2% ihres Bruttoinlandsprodukts an die NATO spenden.
Insgesamt belaufen sich die Kredite zur Aufrüstung über ca. 400 Mrd. über die nächsten 10 Jahre.
Im Ganzen beträgt das NATO-Budget damit rund 1.2 Billionen US-Dollar, wobei zwei Drittel dieses Budgets von den Vereinigten Staaten getragen werden.
Zum Vergleich: Die Hauptfeinde Russland und China haben Verteidigungsausgaben von jeweils 132 Milliarden bzw. 246 Milliarden.
Im Falle Chinas sind das nicht einmal 1.5% des chinesischen BIP.

Kurzum: Deutschland macht Schulden, dass schon immer.
Und trotzdem steht Deutschland im internationalen Vergleich ziemlich gut da: Mit einer Staatsverschuldung (% des BIP) von 62.9% liegt die BRD weit unter dem EU-Durschnitt (85%) und kann sich auch neben seinen globalen Partnern, wie Japan (176%), den Vereinigten Staaten (123%) oder Frankreich (111%) sehen lassen.

Im liberalen Sachverstand herrscht aber die Vorstellung, diese Schulden seien kein struktureller Bestandteil des Kapitalismus, sondern Folge irgendeines ökonomischen Kurzsinn.
So haben sowohl die CDU, AfD und FDP im Wahlkampf mit einer „Rückkehr zur Schuldenbremse“ geworben – und damit (zumindest erstere) ordentlich gepunktet.
Rund die Hälfte die Wählerschaften beider Parteien gibt an, sie aus „wirtschaftlichen Gründen“ gewählt zu haben, auch unter der Wählerschaft der anderen Parteien sprechen sich jeweils 64% (BSW), 18% (Grüne), 21% (SPD) und 24% (Linke) für den Erhalt der Schuldenbremse aus (YouGov).
So sind 41% der gesamten deutschen Bevölkerung dafür, dass „nicht mehr Schulden“ aufgenommen werden sollen.

Sobald nun aber die Wahl für die Schuldengegner der CDU gewonnen wurde, wendete sich das Blatt:
Merz (CDU) und Klingbell (SPD) konnten sich in den Sondierungsgesprächen darauf einigen, künftig ein 500-Miliarden-Sondervermögen für Infrastruktur, sowie eine allgemeine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben in ihren Koalitionspapieren zu kodifizieren.
So würden insb. durch die Aufrüstung der Bundeswehr „bis 2028 (…) im Haushalt bis zu 130 Milliarden Euro fehlen“.
Bei Lanz wusste Weidel (AfD) den Opportunismus der CDU für sich zu nutzen, indem sie auf den Wählerbetrug Merz aufmerksam machte.
Aber auch die libertäre Weidel könnte selbstverständlich bei einem Herrschaftsgebot nicht auf weitere Schulden verzichten, das weiß sie natürlich auch.

Schulden im Kapitalismus

Im entwickelten Kapitalismus ist die Aufnahme von Krediten kein Ausnahmefall, sondern die Regel.
Unternehmen investieren nicht nur ihr bereits vorhandenes Kapital, sondern finanzieren ihre Produktion mit geliehenem Geld.
Diese Kreditvergabe basiert auf der Erwartung zukünftiger Gewinne: Banken vergeben Darlehen nicht auf Grundlage der tatsächlichen Vermögenswerte eines Unternehmens, sondern auf Basis der Prognosen darüber, wie profitabel das jeweilige Geschäft in Zukunft sein wird.
Die bürgerliche Ökonomie nennt das „antizipative Kapitalbildung“, Marx spricht von fiktivem Kapital: „Mit der Entwicklung des zinstragenden Kapitals und des Kreditsystems scheint sich alles Kapital zu verdoppeln und stellenweis zu verdreifachen durch die verschiedene Weise, worin dasselbe Kapital oder auch nur die dieselbe Schuldforderung in verschiedenen Händen unter verschiedenen Formen erscheint.“ (K3, S

Diese Struktur führt dazu, dass die Erwartung des Gewinns an erster Stelle steht und die Kreditvergabe überhaupt erst ermöglicht macht- eine fundamentale Umkehrung der ökonomischen Logik:
Anstatt dass erst Kapital erwirtschaftet wird und dann investiert wird, erfolgt die Investition durch geliehenes Geld mit der Hoffnung, später Gewinne zu erzielen.
Bedeutet, dass Unternehmen in großem Stil Geld investieren, das ihnen nicht gehört, um daraus Gewinne zu erwirtschaften, die ihnen gehören.
Ein Widerspruch, der Staatstragend ist.

Da Kredite zurückgezahlt werden müssen und Zinsen erwirtschaftet werden müssen, entsteht für Unternehmen ein struktureller Zwang zur permanenten Profitsteigerung.
Es reicht nicht aus, einfach nur wirtschaftlich tätig zu sein – jede wirtschaftliche Aktivität muss sich in einer Weise lohnen, die über die Zinsen hinausgeht – ein doppeltes Profitprinzip also.
Andernfalls gerät das Unternehmen in Schwierigkeiten und wird aus dem Markt gedrängt, oder wie im Falle etlicher Banken während der globalen Finanzkrise 2008 aufgekauft.

Die Rolle des Finanzkapitals

Das Finanzkapital ist dabei keine neutrale Instanz, sondern eine eigenständige wirtschaftliche Macht.
Banken und Finanzinstitutionen sind nicht einfach Dienstleister, die Unternehmen mit Geld versorgen, sondern sie bestimmen durch ihre Kreditvergabe die Bedingungen wirtschaftlicher Aktivität – Sie entscheiden darüber, welche Branchen gefördert werden und welche nicht, welche Unternehmen expandieren können und welche untergehen.
Jede dieser Entscheidungen beruht wiederrum auf der rationalen Bestimmung, welches Unternehmen für die jeweilige Finanzinstitution am rentabelsten sein könnte.
Dabei sind Banken nicht an der Produktion von Waren interessiert, sondern ausschließlich an der Maximierung ihrer eigenen Renditen:
Ein Unternehmen oder eine Branche ist für sie nur dann von Bedeutung, wenn sie eine ausreichende Profitabilität verspricht.

Dadurch wird der gesamte wirtschaftliche Prozess von einer einseitigen Rentabilitätslogik bestimmt: Alles, was Gewinn abwirft, ist gut und wird finanziert; alles, was keinen ausreichenden Ertrag liefert, wird fallengelassen.
Diese Rentabilitätslogik hat allein in den letzten Jahren durch die Troika-Politik der EU (bzw. der jeweiligen Gläuberinstitutionen; EZB und IWF) zur massenhaften Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten geführt.
Im Falle Griechenlands in der Eurokrise wurde der Staat gezwungen, seinen Sozialhaushalt um 40% zu kürzen; die Armutsquote stieg von 27.6% auf 35.7%, durch erzwungene Privatisierungsmaßnamen landeten 58.3% der jungen Menschen in der Arbeitslosigkeit – aber irgendwie musste sich Griechenland im Sinne der Schuldrückzahlung beweisen – denn ist der Staat, wie ein Unternehmen, nicht rentabel, wird er fallen gelassen.

Diese Mechanismen zeigen sich besonders deutlich in Krisenzeiten.
Wenn Banken Zweifel an der Rentabilität bestimmter Wirtschaftsbereiche haben, ziehen sie ihre Kredite zurück oder verlangen höhere Sicherheiten.
Im Umkehrschluss bedeutet, dass, dass kleine- und mittelständische Unternehmen, die prinzipiell Risikoanfälliger sind, sich in der Krise oft nicht für weitere Kredite beweisen können – größere Unternehmen und Monopole schon.
Private-Equity-Unternehmen, in Gewissermaßen die Herrscher über das Finanzkapital, kaufen dann die jeweiligen verschuldeten Konzerne auf, und machen sie wieder rentabel – zur Kost der Arbeiterschaft, versteht sich.
Es entsteht ein empirisch nachweisbarer Mechanismus, indem die Krise zwingend zur weiteren Monopolisierung des Marktes führt.

Kredit ist im Kapitalismus nicht nur ein Mittel zum Zweck, sondern das zentrale Geschäftsinstrument der gesamten Wirtschaft:
Unternehmen benötigen Kapital, um Produktionsmittel, Rohstoffe und Arbeitskräfte zu finanzieren, doch anstatt ihre Investitionen aus bereits erzielten Gewinnen zu finanzieren, nehmen sie Kredite auf.
Das bedeutet, dass der Kapitalvorschuss nicht aus dem eigenen Besitz eines Unternehmens stammt, sondern durch Schulden ermöglicht wird.
Und das nicht aus irgendeinem individuellem Geiz, sondern aus der strukturellen Notwendigkeit, den maximalen Profit zu erwirtschaften:
Dabei liegt die eigentliche Leistung des Kredits nicht nur darin, Unternehmen Investitionen zu ermöglichen, sondern auch darin, die Grenzen des vorhandenen Kapitals zu überschreiten – denn durch die Kreditvergabe wird es möglich, Wirtschaftswachstum auf Basis zukünftiger Gewinne zu organisieren.
In der Finanzwirtschaft hat „das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form“ (MEW 25, S. 404); da existiert plötzlich Geld, ohne an irgendeine materielle Produktion gebunden zu sein.
In der Spekulation finden sich dann so spannende Entwicklungen wie der Wert der Weizenproduktion, wo der tatsächliche Handel von Weizen zwischen Produzenten und Verarbeitern etwa 5 Milliarden Dollar jährlich beträgt, das Handelsvolumen der Terminkontrakte aber rund 100 Milliarden beträgt.

Die Logik der Banken und das Wesen der Finanzkrisen

Die Banken selbst sind nicht nur Kreditgeber, sondern auch Schuldner.
Sie nehmen Geld von der Gesellschaft auf – durch Einlagen von Privatpersonen, institutionellen Anlegern oder anderen Banken – und leiten es in Form von Krediten weiter.
Das bedeutet, dass auch das Bankensystem selbst auf einer doppelten Schuldenlogik beruht: Die Banken haben einerseits Gläubiger, denen sie Zinsen und Rückzahlungen schulden, und andererseits Schuldner, von denen sie Geld zurückbekommen müssen.

Dieses System funktioniert nur, solange das Vertrauen in den Kreditkreislauf erhalten bleibt – Sobald Zweifel an der Rückzahlung von Krediten aufkommen, kommt es zur Finanzkrise:
So war bspw. die Finanzkrise von 2008, durch die massenhafte Vergabe von riskanten Immobilienkrediten in den USA ausgelöst, als sich herausstellte, dass viele dieser Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden konnten, brach das Vertrauen in die Finanzmärkte zusammen, was einen Dominoeffekt auslöste: Banken verloren ihre Kreditwürdigkeit, Unternehmen gerieten in Zahlungsschwierigkeiten und ganze Volkswirtschaften wurden in eine Rezession gestürzt.

Dieser Mechanismus ist keine Ausnahme, sondern eine inhärente Eigenschaft des kapitalistischen Finanzsystems.
Kredit ist nicht einfach ein Hilfsmittel für wirtschaftliche Aktivitäten, sondern das Fundament, auf dem das gesamte System beruht.
In Krisenzeiten greifen Zentralbanken wie die EZB ein, um den Kreditfluss aufrechtzuerhalten – sie stellen Banken Liquidität zur Verfügung, kaufen Wertpapiere auf und senken die Zinsen, um Investitionen anzukurbeln. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass das gesamte Finanzsystem zusammenbricht.
Die Banken und Unternehmen sind darauf angewiesen, dass der Kreditfluss weitergeht, doch wenn das Vertrauen in die Rentabilität des Systems schwindet, greifen staatliche Institutionen ein, um das System künstlich am Laufen zu halten.

Dass dieser Mechanismus existiert, ist allein schon Folge des Widerspruchs zwischen der Profitlogik und den endlichen Ressourcen von Konsumenten – Ein Unternehmen kann nur so viel verkaufen, wie gekauft wird, sonst muss eben mehr hergedacht werden.
Gleichzeitig erzeugt diese Logik eine permanente Krise, da das gesamte System auf Spekulationen über zukünftige Rentabilität beruht.
Da also diese realen Produktionssphären an ihre Profitgrenzen stoßen, verlagert sich die Kapitalverwertung zunehmend an die spekulativen Finanzmärkte.

Um die Krise dann wieder glatt zu bügeln, nimmt der bürgerliche Staat selbst alle möglichen Schulden auf, um die jeweilige Organisation in der Krise (wenn sie wichtig genug ist), aus ihrer eigenen Schuld herauszukaufen.

So gab die EZB bspw. ab 2020 im Rahmen des „Pandemic Emergency Purchase Program“ (PEPP) 1,85 Billionen Euro in Form von Staats- und Unternehmensanleihen aus, um die Pandemiegeschwächten Unternehmen zu retten.
Das passiert ständig: In Folge der Wirtschaftskrise 2008 hat der Bundesdeutsche Staat 500 Milliarden in die Hand genommen, um die von ihren eigenen Widersprüchen konfrontierten Banken zu retten.
Der Wirtschafts- und Stabilisierungsfond ist mit 200 Milliarden Euro Kreditermächtigt, schwächelnden Teilen des Finanzkapitals unter die Arme zu greifen.
Wir formulieren hier keine grundlegende Kritik an keynesianischem Kapitalismus, Fakt ist nämlich, dass es anders gar nicht funktionieren würde.

Würde der Staat sich der unfassbaren Verschuldung entziehen, würde es kein Jahr dauern bis der nationale (und supranationale) Kapitalismus in sich zusammenbricht.
Zum einen direkt, weil dem Staat seine Legitimation in Form der jeweiligen Konzerne wegbrechen würde, aber auch indirekt, weil der Kapitalismus es ohne massive staatliche Zuschüsse nicht schafft, die Reproduktion seiner Arbeitskraft zu sichern.
Die zig Milliarden für Kurzarbeit, die die BRD während COVID bereitgestellt hat, waren natürlich auch kein Wohlwollen des Staates, sondern notwendig für die Reproduktion der Arbeitskraft, sobald die Krise zu Ende geht.

Die Notwendigkeit immer weiterer Schulden ist logische Schlussfolgerung der kapitalistischen Akkumulationslogik, die auf einem systemimmanenten Wachstumszwang beruht.
Dieser Zwang entsteht aus dem Kreislauf des zinstragenden Kapitals (Aktien, Hypotheken, Anleihen etc.), das ständig neue Investitionen durch die Vorwegnahme zukünftiger Gewinne ermöglicht – ohne dabei die Grenzen realer Wertschöpfung zu respektieren.
Die Existenz der zinstragenden Kapitals ist wiederum allein Schlussfolgerung der Grenze des wirklichen Kapitals (d.h. des Kapitals, dass an tatsächliche Produktion gebunden ist), die für die ständige Profitsteigerung nicht ausreicht.

Am Ende macht der Staat mit fiktivem Geld Schulden bei Unternehmen, die ihre eigene Produktion mit Krediten finanzieren, die auf zukünftigen Profiten basieren, die aus einer Nachfrage stammen, die nur durch eben jene staatlichen Schulden künstlich aufrechterhalten wird.
Das geht so lange, bis die Blase so groß ist, dass selbst die fiktivste aller Finanzzaubereien nicht mehr ausreicht, um die Illusion von Wertstabilität aufrechtzuerhalten – woraufhin entweder eine neue Kreditblase aufgepumpt wird oder die Zentralbank beschließt, einfach direkt Geld aus dem Nichts zu erschaffen, um damit die Schulden zu bezahlen, die nötig waren, um die Nachfrage zu sichern, die wiederum die Profite ermöglicht hat, die als Grundlage für die Kredite dienten, mit denen Unternehmen ihre eigene Produktion finanziert haben.
Kurz gesagt: Schulden sind gut, oder schlecht, oder einfach egal.

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