Heimatschutz? Das muss sein!
Heimatschutz? Das muss sein!
Die neue “Heimatschutzdivision” der Bundeswehr soll im Kriegsfall sicherstellen, dass die Bevölkerung nicht “unfriedlich” wird.
Das heißt, der Staat hat nun nicht nur laut Grundgesetz die Möglichkeit, im Krisenfall Streikverbote, Zwangsarbeit und Protestverbote auszurufen, sondern kann zu deren umsetzung reibungslos die Bundeswehr zur Hilfe holen.

Reminder: Die rot-markierten Wörter sind Links, die zu entsprechenden Kritikpunkt-Artikeln führen.
Wir empfehlen darüber die folgenden Artikel, die sich jeweils mit des Staates in der Krise sowie dem Ukraine-Krieg auseinandersetzen:
„Wem nützt der Krieg?“: warum das europäische Kapital ein Ende des Krieges nicht riskieren kann, und warum die Vereinigten Staaten den Stecker ziehen.
„Herrschaft in der Krise„: Zum Verbot des Palästina-Kongress und dem Problem der Palästina-Solidarität für den Staat.
„Nationalismus und Kriegstüchtigkeit„: Die Instrumentalisierung des „Wir“ als „Deutsche“ für die Kriegstüchtigkeit.
„Das Grundgesetz; Eigentum und Demokratie„: Über das Grundgesetz und dessen Macken.
„Profite und Kriege„: Über die Macht der deutschen Rüstungsindustrie über die Politik und deren Entscheidungen.
„Dimitroffs feuchter Albtraum„: Über den Faschismus, und warum sich das amerikanische Kapital so offen dem Faschismus zuwendet.
„Jetzt ist die Zeit für eine Haltung der Entschlossenheit, der Wehrhaftigkeit, der Verantwortung. Und diese Haltung muss aus der Mitte der Gesellschaft kommen und von ihr gestützt werden„, mit diesen Worten hat Altbundespräsident Joachim Gauck am 14. März die „Heimatschutzdivision“ der Bundeswehr eingeweiht.
„Die Soldaten der Heimatschutzdivision – zunächst insgesamt etwa 6.000 Männer und Frauen – sollen kritische Infrastruktur schützen, einen Truppenaufmarsch Verbündeter absichern und Amtshilfe bei Katastrophen leisten können. Sie werden ausschließlich innerhalb Deutschlands eingesetzt.“ (Tagesschau)
Die Heimatschutzdivison ist mit einer derzeitigen Kapazität von 51 Heimatschutzkompanien und fünf Regimentern der vierte Großverband des Feldheeres, ihr Dienstort ist Berlin.
Die Truppenstärkte der Division soll fürs erste 6000 Dienstposten betragen, die Großteils von Reservisten besetzt werden sollen.
Das Zustandekommen der neuen Division ist Teil des „Operationsplan Deutschland“ (O-Plan), ein von dem ebenfalls neuen (2022) Territorialen Führungskommandos 2024 erarbeiteter Plan zur Förderung Zivil-militärischer Zusammenarbeit sowie dem „Schutz von Unternehmen im Kriegsfall“.
Dieser „Schutz von Unternehmen“ beinhaltet konkrete Vorschläge; man solle als Unternehmer bspw. „auf hundert Mitarbeiter mindestens fünf zusätzliche Lkw-Fahrer ausbilden, die Sie nicht benötigen“ (FAZ), denn „70 Prozent aller Lastwagen auf Deutschlands Straßen werden von Osteuropäern bewegt. Wenn dort Krieg ist, wo werden dann diese Leute sein?“
Unternehmen sollten außerdem darauf achten, „Beschäftigte im Heimatschutz“ anzustellen.
Um seine Appelle zu untermauern, betonte Plischke gegenüber der Handelskammer Hamburg, dass Russland „In vier bis fünf Jahren (…) willens und in der Lage sein (wird), weiter nach Westen anzugreifen“ – auf welcher Logik diese „Putin macht nach der Ukraine einfach weiter“-Erkenntnis basiert, wird nie erläutert.
Das Aufgabenspektrum der neuen Division umfasst den „Schutz kritischer Infrastruktur“, die „Unterstützung bei Naturkatastrophen“ sowie die „Sicherung des deutschen Staatsgebiets“ und „Unterstützung der zivilen Behörden bei Krisensituationen“.
Wobei erstere beiden Aufgabenbereiche noch einleuchten, scheint die „Sicherung des deutschen Staatsgebiets“ etwas vage; was heißt das denn?
„Unterstützung der Polizeikräfte bei außergewöhnlichen Sicherheitslagen, sofern die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen dies erlauben“.
Sofern die „verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen dies erlauben“?
Warum sollten die denn etwas nicht erlauben?
Eine mögliche Antwort darauf liefert uns Ministerialdirigent Dr. Christoph Hübner, Stellvertreter des Abteilungsleiters Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz im Bundesministerium des Innern (BMI).
Hübner, der auf der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz einen Vortrag über den „O-Plan Deutschland“ hielt, erklärt:
„Wir als BMI haben nur sehr wenig Truppenteile auf der Straße (…) Die Polizeien werden im Spannungsfall schon alle Hände voll zu tun haben, weil nicht sicher ist, dass die Bevölkerung friedlich bleibt. Es kann zu Ausschreitungen kommen“ zudem war bisher die „Verfassungsschutz-Kommunikation (…) über die Ressorts nicht möglich“ – das soll geändert werden.
Außerdem sollen Gesetzesänderungen dafür sorgen, „in der juristischen Lage des Friedens“ (was voraussetzt, dass es im Unfrieden eine andere geben würde) „im Kriegsfall (…) Desinformationskampagnen“ zu verhindern.
Heißt alles konkret: Die exekutiven Möglichkeiten ausbauen, wie gegen „mögliche Hungerrevolte und Antikriegsproteste“ (jW) vorgegangen werden kann.
Es lässt darauf schließen, dass die geplanten „Gesetzesänderungen“ gegen „Desinformationskampagnen“ eine weitere Einschränkung der Versammlungsfreiheit mit sich bringen sollen.
Notstand
Die Parallele zu Bundeskanzler (und Altnazi) Kiesingers „Notstandsgesetzen“ 1968 ist schwer zu übersehen.
Kiesingers BRD hatte mit den Notstandsgesetzen die Möglichkeit etabliert, im „Spannungs- oder Verteidigungsfall“ Grundrechte, darunter Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Streikrecht, einzuschränken, sollten diese die „innere Sicherheit“ gefährden.
So steht noch immer im Grundgesetz Art. 115c geschrieben, dass Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG), die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) oder das Brief- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) im Verneinungsfalle eingeschränkt werden können.
Zur Arbeit in „kriegswichtigen Bereichen“ darf natürlich auch unter Streikverbot gezwungen werden (Art. 12a Abs. 6 GG).
Und falls die Polizei bei der „Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung“ nicht mehr alleine klarkommt, dürfen auch „Streitkräfte zur Unterstützung“ geschickt werden (Artikel 87a Abs. 4 GG).
Juristisch ist die BRD also längst bereit, im Krisenfall gegen Kriegsgegner durchzugreifen, durch den „O-Plan Deutschland“ hat der Staat nun aber endlich auch die Möglichkeiten, diese Einschränkungen durchzusetzen.
Ist also Kriegsfall und Arbeiter wagen es, gegen die Zwangsarbeit für Kriegsgüter (vgl. Art. 12a Abs. 6 GG) zu streiken, hat der Staat nicht nur das Recht, sondern durch die Heimatschutzdivision nun auch die Möglichkeiten, den Streik zu brechen.
Falls das irgendwie gar nicht so nach „freiheitlich demokratisch“ klingt, keine Sorge, Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns Manuela Schwesig (SPD), hat Sorgen zum Einsatz der Heimatschützer bei einer Übung adressiert:
„Ich weiß, dass es auch kritische Bürgerinnen und Bürger gibt, die fragen: Muss das denn alles sein, die Auf- und Ausrüstung der Bundeswehr; diese großen Übungen? Und ich sage ganz deutlich: Ja, das muss sein. Putin hat mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine die europäische Friedensordnung bedroht und es ist wichtig, dass wir der Ukraine helfen und es ist wichtig, dass wir mehr für die eigene Landes- und Bündnisverteidigung tun“
Danke Frau Schwesig, ich bin beruhigt.
Innen wegen Außen
Durch Trumps Taktik im Ukraine-Krieg, die voraussichtlich den Rückzug amerikanischer Hilfen für die Ukraine bedeutet, muss sich die BRD mit den anderen europäischen Staaten darauf vorbereiten, in Zukunft die wegfallenden 45% der Ukraine-Finanzierung selbst zu übernehmen.
Obwohl nur noch rund 38% der Ukrainer „bis zum Sieg“ weiterkämpfen wollen (Gallup, NTV), die Kriegsmoral in der Armee mittlerweile so schlecht ist, dass die Anzahl der Deserteure sich allein 2024 im Vergleich zum Vorjahr verdreifachte (euronews) und es mehrere Anschläge auf die Greifkommandos der ukrainischen Armee gab, hält die Europäische Spitze an ihren Ambitionen der europäischen Ukraine fest.
Obwohl doch mittlerweile jedem klar sein sollte, dass dieser Krieg militärisch nicht beendet werden kann; selbst würde die EU der Ukraine einen Blankoscheck überreichen, dass hilft der sinkenden Kriegsmoral, dem Wille zum Frieden und der wachsenden Unzufriedenheit mit der ukrainischen Regierung auch nicht.
Das weiß selbstverständlich auch Deutschland, das weiß auch die EU, somit sind die neuen Höhen der Hilfspakete (die nun mal nur Kredite sind) auch nicht zuletzt eine Möglichkeit, den europäischen Einfluss in einem Nachkriegs-Ukraine aufrechtzuerhalten.
Auf der Ebene der politischen Legitimation wäre ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine selbstverständlich ein Desaster, spätestens dann, wenn der Bevölkerung klar wird, dass sich die materiellen Bedingungen in Deutschland auch ohne Miliardenausgaben für die Ukraine nicht verbessern.
Außerdem wäre es für die deutschen Herrschenden um einiges schwieriger, Pistorius‘ Appell an die „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands aufrechtzuerhalten; ein Appell, mit dem sich Rheinmetall und Co. auf die höchsten Profite in ihrer Geschichte katapultieren konnten.
Trotz all dem, die deutsche Herrschaft ist fest entschlossen, diesen Krieg fortzuführen – „Whatever it takes“ (Merz).
Zur „Kriegstüchtigkeit“ gilt auch der die Bereitschaft für unseren Krieg; den Krieg ihrem Krieg.
Unser Appell an euch: Wenn ihr von Bundeswehr-Soldaten niedergeknüppelt werdet, weil ihr nach einem harten Tag Rheinmetall-Zwangsarbeit auf die Idee gekommen seid, in der Brotschlange zu fragen, warum Rheinmetall-Vorsitzender Papperger mittlerweile in der Schweiz lebt, denkt einfach an Frau Schwesigs Worte: „Das muss sein!“.